Philosophie heute (in Erinnerung an J.D.)

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Nachdem Ende des 19. Jahrhunderts die Zerstörung der Metaphysik bei Marx, Nietzsche und Freud begann, Wittgenstein, Heidegger und Adorno (gegen z.B. Husserl) das fortgesetzt haben, auch Foucault auf seine Weise, kamen Derrida und die, die sich an seiner „Dekonstruktion“ abgearbeitet haben und das bis heute tun (Nancy, Hamacher, Kofman, Cixou, Butler, Ronell et al). Selbst Habermas bezeichnet sein Denken als „nachmetaphysisch“ und tat sein Übriges, ein sich absolut selbst begründendes Philosophieren als Modell der Rationalität (damit aller Wissenschaft) zu unterminieren.

Dieses „Werk“ ist heute vollendet. Für die Philosophie bleibt daher (anscheinend) nur noch Folgendes: Akademische Selbsthistorisierung, Verfeinerung der Kommentare „großer Werke“ und in diesem Sinne Spezialisierung (man kann wie Henrich immer noch Geheimnisse des Deutschen Idealismus aufdecken oder Fichtes ursprüngliche Einsicht weiterverfolgen — oder doch eigentlich nicht mehr); die Wissenschaft an sich und überhaupt reflektieren und damit kommentieren; Spezialwissenschaften und ihre Fragen reflektieren, kommentieren und gegebenenfalls kritisieren (wie die Hirn- oder AI-forschung oder Gentechnik oder sozial-politische Probleme wie Rassismus, Diversity, Klimawandel etc. oder Kulturkritik (à la Foucault light) an zuviel Burn out, Anästhesie etc.), affirmativ natürlich auch begleiten als Philosophy of Mind.

Mit anderen Worten: Es könnte sein, dass sich zwei oder drei Generationen von Philosophen und Philosophinnen mit der übrigens notwendigen Selbstzerstörung einer bei Hegel und vielleicht auch Schelling (in deutscher Perspektive, pardonnez moi!) sich auf ihrem Höhepunkt befindenden Philosophie beschäftigen konnten. Das führte jedoch dazu, dass ein Philosophieren, das es nur mit sich selbst zu tun haben möchte (und das war bei Derrida, bei aller Zerstörungsarbeit (nicht negativ gemeint) noch so), kaum noch Anerkennung findet. Die Philosophie ist sich selbst abhanden gekommen.Nun versucht sie diese Distanz zu sich selbst als eigentliche Philosophie zu verstehen. In dieser Hinsicht scheint Gumbrecht in seinem ganz unphilosophischen Statement zu Derrida in der NZZ doch leider Recht zu haben.